Tutanchamun
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Tutanchamun
von Siano am 27.09.2011 16:47Nähe Tal der Könige, El Gurna, das Horn.....
Es war an die 40 Grad, ein Witzbold der jetzt fragen würde: "Minus
oder Plus", da kam uns das kleine Hotel, bezeichne es mal so, gerade
richtig. Unter den angrenzenden Palmen gelegen war eine "Bar"
angebaut, mehr eine Bretterbude, aber sonst ein recht schattiger Platz.
Im Hof stand ein Poolbillard, irgendwie deplatziert. Aber der Pool sollte
noch eine Schlüsselrolle in der weiteren Geschichte spielen. Unser
Dolmetscher Achmed, ich glaube alle Ägypter heißen mit zweitem
oder dritten Namen Achmed, bestellte sich ein Bier. "Allah ist weit".
Nun mag sein, er kannte sich ja dort in der Gegend besser aus wie wir.
Wir stillten unseren Durst, je nach Geschmack, mit Kaffee, Cola oder
Mineralwasser....
Einige Zeit später fuhren zwei Autos in den Hof, so etwas wie Marke
Jeep, sechs Ägypter sprangen aus den Fahrzeugen, teils in Uniform
und teils in Zivilkleidung. Der Mann mit der gepflegtesten Uniform
und den höchsten Rangabzeichen hatte das "Sagen". Dies spiegelte
sich auch in seinem Auftreten wieder. Während der Offizier
geradewegs zum Poolbillard ging, verteilten sich seine Männer im
und um den Innenhof der "Getränkeoase".
Der Besitzer der Bar kam dienstbeflissen aus seiner Bretterbude
gerannt und brachte ein Getränk, das er dem Chef der Truppe,
unterwürfig, anbot. Lässig und mit wenig Bewegung nahm der
Offizier das Getränk, kurz nickend, an. Bis dahin fiel noch kein
Satz, kein Wort.... Der Wirt flüsterte uns zu: "Das ist der
Polizeichef..... er hat hier das sagen..."
Der Chef begann eine Runde Poolbillard zu spielen... allein....
Nachdem ich eine Weile zugeschaut hatte, stand ich auf und
stellte mich zu ihm an den Pool. Leicht irritiert schaute er mich
an, blickte zu meiner Frau und unserem Dolmetscher rüber
und bot mir lächelnd ein Spiel an. Ich nahm genauso locker
wie er war, das Angebot an. Da seine Männer immer noch nichts
zu trinken hatten, lud ich die Fünf, kurzerhand, zu einer Cola ein.
Diese blickten zu ihrem Vorgesetzten, der wiederum nickte und die
Begleitungen des Chefs nahmen dankbar die kühlen Getränke an.
Das Eis, soweit es überhaupt vorhanden war, war gebrochen,
nachdem auch der Chef eine Cola von mir annahm. Wir spielten
zwei, drei Runden, als bei einem seiner Männer ein Telefon klingelte.
Ein kurzer Ruf und der Beamte sprang mit seinen Männern wieder auf
die Fahrzeuge. In einer Staubwolke rasten die Geländewagen davon.
Da ich mich wunderte, dass der Polizeichef sein Getränk nicht
bezahlte, erkärte uns der Wirt auf Nachfrage: "Der Polizeichef braucht
hier nie zu bezahlen. Es würde sich aber auszahlen, sich mit diesem
Mann "Gut" zustellen".
Einige Tage später, in der westlichen Wüste, wollten wir unbedingt
noch ein Grabungsfeld, bzw. einen erst vor kurzem entdeckten
Tempel, besuchen. Man warnte uns davor, da kämen wir nicht
hin. Dies sei militärisches Sperrgebiet. Da wir uns aber von solchen
Aussagen nicht so leicht beeindrucken lassen, fuhren wir in das uns
angegebene Gebiet.
Nach einigen Meilen war der Wüstenweg gesperrt: Bewaffnete
Soldaten, Fahrzeuge, Wachhaus und Sperren hinderten uns an der
Weiterfahrt. Unser Dolmetscher Achmed versuchte die Soldaten
davon zu überzeugen, dass wir unbedingt an diese Grabungstelle
müßten, um jeden Preis....
Nichts zu machen, die Bewacher blieben stur. Plötzlich wurde die Tür
des Wachhauses geöffnet und ich hatte den Pool vor Augen...
Vor uns stand unser Offizier, mein Poolpartner, von vor wenigen
Tagen.
Respektvoll nehmen seine Männer Haltung an. Wir begrüßten uns
wie alte Freunde, schilderten unser Anliegen und baten auch ihn,
uns in das Sperrgebiet zu lassen. Wir konnten ihn überzeugen
und er sagte einfach: "Ja". Da wir noch einige Meilen durch die
Wüste fahren mußten, gab uns der Chef einen seiner Männer zur
Begleitung mit. Der Begleiter würde bis zur Grabungsstelle mit-
kommen und dann wieder zum Posten zurück fahren. Eine Handvoll
Kugelschreiber wechselten den Besitzer, ein herzliches Händeschütteln,
dann konnten wir endlich weiter fahren.
Das Areal der Tempelanlage
Am Zielort angekommen sahen wir schon die Mauern und Überreste
des Tempels, des Totentempels von Tutanchamun. Die Wächter vor
Ort freuten sich wie die Kinder, endlich eine Abwechslung in ihrem
Alltagsleben. Dazu wäre zu sagen, die Wächter des inneren Ringes
bewachen den Ausgrabungsort immer einen kompletten Monat lang,
rund um die Uhr. Dann erst werden die Männer ausgewechselt. In
hohen Bambusbetten schlafen die Bewacher im Freien. Reine Hand-
arbeit...siehe Bild unten.
Hohe Betten deshalb, weil sich im dortigen Bereich Skorpione und
Schlangen befinden. Diese Lebewesen fühlen sich in den Tempel-
überresten einfach zu Hause.
Seelenvogel "Ba"
Nachdem wir heißen Tee getrunken hatten, wurden meine Frau und
ich über das Grabungsfeld geführt.
Foto: Teepause
Mit der Hand wurde hier und dort ein wenig Sand fortgeschaufelt,
sodass die Exponate sichtbar wurden, Statuen und Teile davon,
Mauerreste, Fragmente von Säulen und immer wieder Mauerteile
mit Putz versehen:
Sami hatte den Bogen raus. Fast sanft gleiten seine Hände über
den Wüstenboden und brachten die Hinterlassenschaft der Jahr-
tausende zu Tage.
Mit viel Gefühl legte er die Exponate frei.
Dieser Putz trug an vielen Stellen noch die Bemalung, pastelfarbene
Bemalung, in grün, rot und in blau.
Wie großartig muss dieser Tempel einst in voller Pracht gewesen
sein? Wieder eine andere Farbvariante in rot, schwarz und gelb.
Zerbrochene Gefäße und Scherben in jeder erdenklichen Form.
Bruchstücke der einstigen Anlage.
Grabbeigaben, rechte Seite, Ibis, etc. Mumienbeigaben, wurden
mit in die Mumien eingewickelt.
Fragmente von Schalen und Krügen. Noch mit Originalfarben.
Grabbeigaben noch mit Inhalt versehen.
Fotos: Siano
Wir erreichten eine andere Stelle der Tempelanlage, wieder eine
Handbewegung im Wüstensand: Mumien, Mumienreste, sowie
vollerhaltene "Körper".
Es war einfach unbeschreiblich spannend, diese Dinge dort liegen
zu sehen. Leider wird die Welt noch lange auf weitere Ausgrabungen
warten müßen.
Diese Körperteile wurden in "Sicherheit" gebracht.
Zu diesem Kopf fehlt noch der passende Körper.
Es scheitert einfach an den finanziellen Gegebenheiten.
Sand ist zudem der billigste Konservierungsstoff, den Ägypten zur
Verfügung hat.
Noch eine weitere Ausgrabungsstelle:
Farbenfrohe Bemalungen blieben über Jahrtausende im Wüstensand konserviert.
Teil einer Mauer
Diese Bemalung ist mit dem Putz abgefallen. Es könnte schon
eine Kunstrichtung der Moderne sein.
Die Zeit drängte und wir mußten wieder zurück nach Theben, dem
heutigen Luxor. Es folgte die Übergabe der Präsente in Form von
Kugelschreibern, Feuerzeuge und einigen ägyptischen Geldscheinen
als kleines Dankeschön für die Wächter. Wir wurden mehr wie
herzlich verabschiedet. Und wir mußten versprechen wieder
zukommen.
Ein obligatorisches Abschiedsfoto mit einem der Aufseher der Anlage.
Nette Menschen auch ohne "Bakschisch" zu geben.
Kugelschreiber sind das zweite Zahlungsmittel in Ägypten und für
den Beschenkten ein Statussymbol wenn auf dem Schreiber ein
deutscher Text, Firmenname oder ein bekanntes Logo zu sehen ist.
Die Kugelschreiber haben uns schon so manche Pforte geöffnet, die
anderen Touristen verschlossen blieben.
Beide stehen in einer Lagerstätte von Millionen von Tonscherben.
Hier wurden vor langer Zeit die in einem großen Umfeld gefundenen
Artefakte gelagert. Es ist eine so große Anzahl von Stücken, so dass
diese dort noch in tausend Jahren liegen werden.
N.S. Man geht davon aus, dass über siebzig Prozent der ägyptischen
Schätze noch unter Sand verborgen liegen. Vieles wurde ausgegraben,
fotografiert, katalogisiert und wieder zugeschüttet. Wie gesagt, Sand
ist billig und im Überfluss vorhanden.
Viele Grüße - Siano