Jede Münze hat ihre Geschichte
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Jede Münze hat ihre Geschichte
von Pompeius_Magnus am 09.08.2012 17:25Vor einigen Monaten erhielt ich von einem Freund einige antike
römische Münzen. Ich freute mich unwahrscheinlich - wann hat
man schon mal die Gelegenheit, Artefakte aus dieser Zeit, die so
faszinierend ist, in den eigenen Händen zu halten.
Bei jedem Betrachten und Fühlen der schönen Stücke wuchs das
Interesse herauszufinden, wer die Köpfe auf den Münzen sind und
sie somit zeitlich bestimmen zu können. Man sieht im Fernsehen ein
römisches Bauwerk und weiss sofort, dass es sich zum Beispiel um das
Kolosseum handelt. Mit den Köpfen auf den Münzen verhält es sich
anders, ich musste sie erst kennenlernen.
Mein erster Weg um herauszufinden mit wem ich es "zu tun habe",
führte, wie sollte es anders sein, zu Google. Schnell stieß ich dort
auf Foren zum Thema Münzen und auf Seiten mit Münzauktionen.
Auf diesen Internetseiten sind im Idealfall die Münzen nach Kaisern
sortiert. Nach Stunden des Hin- und Herklickens und Vergleichens
dann ein erster Erfolg - ein Hochgefühl.
Die unten abgebildete Münze stammt aus der Zeit von 79 bis 81 n.Chr.
und wurde unter Titus geprägt. Sie entstand in Gedenken an Germanicus,
einen römischen Feldherrn, der zwischen 14 und 16 n.Chr. mit acht
Legionen an den Ort der Varusschlacht zurückkehrte.
Die Vorderseite der Münze zeigt Germanicus nach links schauend mit
der Inschrift "GERMANICVS CAES TI AVG F DIVI AVG N".
Auf der Rückseite steht in großen Buchstaben "S C", umrandet von
"IMP T CAES DIVI VESP F AVG REST".
Da Titus die Münze ca. 65 Jahre nach dem Tod des Germanicus prägen
ließ, kann man erahnen, welches Ansehen bzw. Verehrung Germanicus
noch lange nach seinem Tod genoss.
Die nächste Münze wurde unter Nero geprägt. Es handelt sich um ein
As, welches im Jahr 65 n.Chr. geprägt wurde. Diese Münze besitzt eine
ganz besondere Geschichte. Die Vorderseite der Münze zeigt Nero, auf
der Rückseite ist der Janustempel mit geschlossenen Türen abgebildet.
Die Tore des Janustempels blieben geöffnet, so lange sich Rom im Krieg
befand und wurden geschlossen, wenn an allen Grenzen des Reiches
Friede herrschte. Voraussetzung für die Schließung war, dass der
vorhergehende Krieg (zumindest vorgeblich) mit einem römischen
Sieg geendet hatte, da die Römer einen diktierten Frieden nach ihrem
Herrschaftsverständnis nicht akzeptieren konnten.
Eine bezeichnende Ausnahme stellt der verlorene Armenienfeldzug
Kaiser Neros dar: Obwohl die römische Streitmacht den Parthern
unterlegen war, wurde dem Volk ein glanzvoller Sieg vorgegaukelt
und der Schrein daraufhin geschlossen. Den geschlossenen Torbau
ließ Nero auch auf Münzen abbilden.
Kopf Nero nach rechts blickend. Das Gesicht ist nicht mehr so gut zu
erkennen, dafür der dicke Hals, an welchem Nero sehr leicht zu
identifizieren ist.
Neros Kopf ist umrandet von dem Schriftzug "NERO CAESAR AVG GERM IMP".
Auf der Rückseite der Janustempel. Die geschlossene Tür ist in der
rechten Hälfte noch gut zu erkennen. Der Janustempel ist umrandet
von "PACE PR VBIQ PARTA IANUM CLUSIT SC". Diese Münze ist ein
gelungenes Beispiel für Propaganda unter Kaiser Nero.
Die folgende Münze ist ebenfalls ein As und zeigt Kaiser Augustus und
wurde unter Tiberius, also kurz nach Augustus Tod, geprägt. Augustus
Nachfolger Tiberius und danach Claudius ließen beide noch Münzen des
verstorbenen Augustus prägen, der als weise und vorausschauend galt.
Die Vorderseite zeigt Augustus nach links blickend, umrandet von
"DIVUS AVGVSTVS PATER".
Die Rückseite zeigt Livia Drusilla, die 3. Gattin des Augustus. Sie sitzt
thronend mit Blick nach rechts. Nach Augustus Tod wurde sie Iulia
Augusta genannt und trug als erste Römerin den kaiserlichen Titel
Augusta. Von ihrem Enkel, Kaiser Claudius, nach ihrem Tod zur
Göttin erhöht, wurde sie ab 42 n. Chr. Diva Augusta genannt.
Als ich nach langem Suchen und Vergleichen diese Münze identifiziert
hatte, bekam ich eine leichte Gänsehaut. Wann hat man schonmal eine
Münze von einer leibhaftigen Göttin in der Hand...?
Die letzte Münze stammt von Kaiser Hadrian. Es handelt sich vermutlich
um ein As oder einen Dupondius. Hadrian hat, finde ich, sehr schöne
und klare Münzen prägen lassen. Die Gesichter sind immer klar zu
erkennen. Auf gut erhaltenen Exemplaren erkennt man erst die wahre
Kunst dieser Zeit und sieht, dass einige Münzen von damals unseren
heutigen Euromünzen optisch in nichts nachstehen.
Vorderseite: Kaiser Hadrian mit Blick nach rechts. Die Schrift ist leider
nicht mehr zu rekonstruieren.
Rückseite: Wahrscheinlich Fortuna oder Felicitas.
Auf drei der hier gezeigten Münzen sind die Buchstaben SC zu sehen.
Sie erschienen seit 27 v. Chr. über drei Jahrhunderte lang auf
römischen Münzen aus unedlem Metall, immer in der gleichen
Form der Abkürzung, unabhängig von den Umschriften, meist
relativ groß und gelegentlich sogar ganz ohne jede weitere
Beschriftung. Im Sinn von Senatus Consultum ("Senatsbeschluss")
weisen sie auf das Prägerecht hin, das für unedles Metall formell
beim Senat lag.
Zum Abschluss kann ich sagen, dass es eine tolles Erlebnis ist,
wenn man nach stundenlanger, oft auch tagelanger Recherche
eine dieser Münzen identifiziert hat. Hält man doch ein Stück
wahre Geschichte in der Hand...
Marcus Iunius Brutus: 85-42 v.Chr. Römischer Politiker und Caesarmörder
Re: Jede Münze hat ihre Geschichte
von Siano am 10.08.2012 23:23Salve,Pompeius Magnus,
eine Interessante römische Münzgeschichte und gut beschrieben.
Habe daraus auch etwas lernen können. S.C. z.B.
Danke und weiter so......
Siano, Freund des P.M.